Karibik – Palmen und Sonne und ich sitze vorne am Bug und genieße meinen Kaffee – mit ähnlichen Gedanken landeten wir übermüdet auf Grenada und wurden von Inge und Jörg herzlich empfangen.
Der gewohnte Hotelurlauber checkt ein, packt seine Koffer aus und los geht’s.
Der ungewohnte Katamaranbesucher sieht sich noch vor Erreichen des Reiseziels der Hürde ausgesetzt, die schweren Reisetaschen in ein Beiboot zu befördern und dann in selbiges zu steigen, ohne gleich bei der Ankunft einen Tauchgang zu absolvieren.
An Bord angekommen befanden wir uns in einer äußerst komfortablen Unterbringung – eigene Koje, eigenes Badezimmer und vom Bett aus den Blick in den Himmel. Wider besseres Wissens hatte ich zuviel eingepackt und es galt, die Reisekleidung in einem Schrank unterzubringen, in den zu Hause gerade mal die Unterwäsche passt.
Die ersten Tage in der Bucht von Grenada gingen wir in die Isenbielsche Segelschule und bekamen die Order für unseren Aufenthalt:
– Wo ist was an Bord – Kühlung der Lebensmittel, Aufbewahrung von Alkohol, welche Schalter dürfen nicht mal angesehen geschweige denn angefasst werden und – ganz wichtig – wie funktioniert das WC
– Wie ist der Ablauf – der frühe Vogel fängt den Wurm, spätestens um 7.30 Uhr beginnt der Tag, mittags gibt es einen ausgedehnten Mittagsschlaf und gegen 22 Uhr begibt man sich zur Verhinderung eines Komas in die Schlafkoje
– Auf welchem Kanal funken wir – ganz wichtig, um nicht an Land zurückgelassen zu werden, wann können die Handys geladen werden und wann gibt es Wifi
– Alles rund um das Beiboot – der Beibootunterricht gehörte mit zu den elementaren Stunden für den Ernstfall, dass nämlich die gesamte Besatzung aus dem Beiboot fällt und man selbst plötzlich verantwortlich ist und nicht ungebremst in das nächstliegende Schiff kracht
– Palstek und Achtknoten üben – liebe Inge, lieber Jörg, die Prüfung haben wir leider nicht bestanden
– Wie sichere ich mich auf dem Boot – wo fasse ich an und wo nicht, um nicht über Bord zu gehen. Wie sichere ich meine Sonnenbrille, wie schütze ich mich vor einem Sonnenstich
– Und ganz wichtig: was essen wir heute? Die Beschaffung von Nahrungsmittel, deren Zubereitung und Vernichtung war ein ganz wesentlicher Teil des Aufenthaltes.
Es gibt an Bord sehr viele Regeln, die unbedingt einzuhalten sind, um weder die Sicherheit noch die Ausstattung zu gefährden.
Der Tag beginnt spätestens um 7.30 Uhr mit einem Schwimmtraining und es ist angebracht, sich als Gast nicht auf ein morgendliches Bad zu beschränken, sondern aktive 10 Runden um das Schiff zu schwimmen und anschließend mindestens 15 Klimmzüge zu absolvieren, um Inges Frage „Hast du trainiert oder warst du etwa nur baden?“ richtig beantworten zu können. Das Wasser ist wunderbar warm und weich und es ist eine Freude mit den Flossen Gas zu geben. Geduscht wird draußen, um das Salz nicht in das Schiff zu tragen. Auch die Schuhe bleiben draußen, um den Befall von Ungeziefer zu verhindern.
Nach ein paar Tagen hatten Inge und Jörg den Eindruck, wir seien nun so fest im Seesattel, dass ein kleiner Ausflug in die nächste Bucht gewagt werden könnte, ohne dass wir über Bord gehen. Wie komfortabel ist im Gegensatz zu einem Einrumpfer ein Katamaran: Nicht jeder bewegliche Gegenstand muss verstaut werden, sondern bis auf einige wenige Dinge konnte alles an seinem Platz bleiben.
Während der Fahrt ist der Gast ohne Segelerfahrung einfach nur Gast und kann die Fahrt in vollen Zügen genießen, sofern der Wind das zulässt. Die Aufteilung der jeweiligen Arbeitsabfolgen bei der Abfahrt, während der Fahrt und bei der Ankunft sind mehr oder weniger klar verteilt: Es gibt einen Kapitän für die Verantwortung und einen Matrosen für die Arbeit.
Ganz wichtig erschien mir die Kommunikation mit der Außenwelt – das Empfangen und Versenden von Nachrichten war problemlos an Bord möglich. Um die aktuellen Zeitungen zu laden oder Fotos auszutauschen oder den neuesten Tatort wie zu Hause zum kuscheligen Sonntagabendevent zur Stelle zu haben, begibt sich der Segler an Land und sucht eine Bar oder ein Restaurant auf, die jeweils kostenlos Wifi zur Verfügung stellen.
Als Inge und Jörg das erste Mal zu Ihrem Karibikabenteuer aufbrachen, habe ich mich gefragt, was machen die beiden eigentlich den ganzen Tag, wenn sie nicht segeln. Jetzt weiß ich es. Der Tag verfliegt im Nu. Während der Gast an Bord sich viele schöne erholsame Stunden mit Baden vergnügt und an der Reling sitzend den Blick ins Unendliche schweifen lässt, gibt es für den Kapitän und seine Crew immer etwas zu tun: Frischwasser ist herzustellen, Klappen, die nicht mehr schließen, sind gangbar zu machen, abgerissene Wasserschläuche zu ersetzen, Flugrost zu entfernen, das Schiff sauber zu halten, Sonnensegel aufzubauen, den Ladezustand des Stroms festzustellen und Algen zu entfernen. Der Instandhaltungsaufwand ist aufgrund des hohen Salzgehaltes im Wasser und in der Luft enorm.
Ganz wichtig ist auf der Courante die Nahrungsaufnahme. Die Koordination des Einkaufes muss durchdacht sein, da es nicht in allen Supermärkten alles gibt. Wenn eingekauft wird, dann in großen Mengen. Die Verpflegung an Bord entsprach einem **** Hotel, das Frühstück kam vom Franzosen, das Mittagessen häufig garniert mit frischen Früchten und zum Abendessen gern ein mehrgängiges Menü. Selbst das Ausnehmen von fliegenden Fischen war für die Küche kein Problem.
Nach 14 Tagen haben Inge und Jörg uns den Eindruck vermittelt, dass wir trotz unserer eingeschränkten Segelkenntnisse und meines völligen Versagens bei der richtigen Verknotung der Leinen sowie des mehrmaligen Verdrehens des Außenduschschlauches vollwertige Crewmitglieder geworden sind und als solche wurden wir dann auch auf den unzähligen Ein- und Ausreiseformularen betitelt.
Wir hatten eine wunderbare Zeit mit euch und an Bord eurer SY Courante und sagen hierfür ganz lieben Dank.