Selbst die jungen Amerikaner, die mir im Bus gegenüber sitzen, gähnen genüßlich und sind noch ganz versunken, bevor sie wieder ihre Telefone zücken. Gegenstand der Innenschau ist ein nächtlicher Ausflug mit dem Paddelboot.
Auf Vieques, zu Puerto Rico gehörend, treffen wir die TANOA wieder. Gerald hat inzwischen seine Frau Martina abgeholt und so feiern wir ihren Geburtstag mit einem einem Ausflugstag: Motorrollertour über die Insel, nächtliche Paddelaktion und späterer Restaurantbesuch sind angesagt.
Mit dem Kauf der Tickets gibt man jede Verantwortung ab, zieht auch mal eine Schwimmweste im Paddelboot mit Glasboden an und hört auf den Guide. „Do you see the green light? You always stay behind that light.“ Ich fühle mich sofort an meinen Sportunterricht erinnert. Klare Ansagen. Wir sind die number one, und paddeln im Stockdunklen in eine Mangrovenbucht hinaus.
Hier gibt es den Raum für ein Naturschauspiel der besonderen Art: 3 verschiedene Mangrovenarten produzieren einen fluoreszierenden Stoff, der sich durch Sonnenlicht auflädt und nachts jede Bewegung im Wasser sichtbar macht, indem es leuchtet wie Goldstaub oder Glühwürmchen. Das verdrängte Wasser glitzert an uns vorbei, und vor allem die aufgescheuchten Fische sind als flüchtende Leuchtkörper plötzlich sichtbar. Wir gleiten durch eine schwarze Wasserlandschaft in fließendem Gold.
Am Paddel im Golde sich teilen der Funken strahlender Schein.
(Inge hat heute den literarisch/künstlerischen Dreh, deshalb auch die Schwarzweißbilder, der Säzzer).
Das Ganze ist optisch einfach nicht darstellbar, weder mit dem Handy noch einer GoPro, was zwar schade, aber doch nachhaltig ist. Fantasie und/ oder Poetisierung befeuern dieses Naturschauspiel, das absolut luxuriös ist. Es dient zwar dem amerikanischen Sinn nach geldendem Nutzen, schließlich kostet ein solcher nächtlicher Ausflug 55US$ p.P. Andererseits ist das Zusammenspiel bestimmter chemischer Reaktionen hier weltweit einmalig, aber komplett sinnfrei.
Eine amerikanische Mitreisende auf dem Paddelboot glaubte dem Guide tatsächlich, der behauptete, auch Haie würden sich hier nächtlich tummeln. Sie war es jedenfalls und nicht ich, die unmotiviert aufschrie als wäre Haialarm angesagt.
Im El Quenepo in Esperanza speisen wir und lassen Martinas Geburtstag ausklingen. Auch kulinarisch hinterlässt dieser Tag Spuren.