Nach längerer Diskussion und diversen neuen Informationen beschließen wir innerhalb des französischen Staatsgebietes noch mal den Ankerplatz zu wechseln, da bei aufkommenden Winden oder gar Sturm, es hier zu gefährlich wird. Selbst die französische Küstenwache, die hier patrouilliert, bestätigt uns auf Nachfrage, dass Schiffsbewegungen in „case of nautical reasons“ noch möglich sind.
Um 6.00 ist Aufbruch. Nach ca. 2 sm kommt das Großsegel in einer kräftigen Welle von oben. Zuerst verdächtige ich Inge, den Schäkel nicht ordentlich geschlossen zu haben. Nach näherer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass das Teil, das Großsegel und Fall verbindet, schlicht gebrochen ist.
Wir beschließen sofort zum Ankerplatz vor Le Gosier auf Guadeloupe zurückzufahren. Bei der Suche nach einem ruhigen Platz gehen wir nahe ans Ufer, damit unser Schiff möglichst ruhig liegt. Ich steige mit den Maststufen bis ganz nach oben. Unsere Mastspitze liegt 18m über der Wasserlinie. Inge sichert mich bei dem Auf- und Abstieg mit dem Bootsmannsstuhl. Diese Prozedur möchte ich nicht jeden Tag machen, da jede Wellenbewegung sich mit dem entsprechenden Hebel überträgt. Es ist sehr anstrengend, sich zu halten, das Fall mit einer Hand nach unten zu ziehen und gleichzeitig zurückzuklettern. Die Stufen selbst müssen ja beim Hinaufklettern ausgeklappt, beim Absteigen wieder eingeklappt werden. Nach einer dreiviertel Stunde sind wir fertig. Das Ende des Falls ist wieder an Deck. Zum Glück habe ich noch einen stärkeren Ersatzschäkel, den wir nun montieren.
Zum Erstaunen unserer Nachbarn brechen wir nach zwei Stunden, es ist jetzt 8.00, wieder auf. Wir wollen es unbedingt packen, wer weiß, was noch wird.
Wir planen mit 22 Stunden und wollen am Montag gegen 6.00 Uhr auf Martinique in der Ankerbucht von St. Anne sein. Es wird eine flotte Fahrt. Wir können aber nicht die Atlantikseite von Dominica und Martinique nehmen, da der Wind nicht aus der entsprechenden Richtung und mit der angesagten Stärke weht. Ein majestätischer Wal kreuzt vor den Isles des Saintes unseren Weg und taucht unter uns durch. Inge hat Wache zu der Zeit und hält den Atem an.
Im Kanal zwischen Dominica und Martinique weht es konstant mit 25 Knoten, 15 waren angesagt. Wir fahren das Groß im 2. Reff, das Vorsegel bis auf die Hälfte verkleinert. COURANTE jagt uns sicher durch die Nacht. Mit 7/8 kn schmiegt sie sich gut an die seitlich anrollenden Atlantikwellen an.
Dann fällt noch das Hecklicht aus, aber auch das schockt uns nicht mehr. Wir sind mit dem Meer und den Gestirnen über uns alleine. Insgesamt sehen wir in 22 Std. nur zwei andere Schiffe, abstrakt auf dem AIS, kein Flugzeug, keine über die Maßen geschmückten Kreuzfahrtschiffe. Ein bisschen unheimlich ist das schon auf dieser sonst viel befahrenen Route. Die Küstenwache, die uns mit Sicherheit auf dem Radar hat – auch das AIS habe ich bewußt nicht abgeschaltet – läßt uns in Ruhe, da wir schon am 12.3. also lange vor dem Lookdown einklariert haben.
Wir können mit nur wenigen Motorstunden in der Passage ab dem Rocher de Diamond unser Ziel pünktlich erreichen. Der Anker fällt gegen 6.30 und uns ein Stein vom Herzen. Insgesamt war es eine schöne schnelle Rutsche, trotzdem bleibt es unheimlich.