Auf Martinique versichert uns Stephanie, dass Dominica mittlerweile sicher sei, und so machen wir uns nach den gemeinsamen Ostertagen mit Sarah und Christian von der FÜRRITT und Dorothea und Frank von der FRADOLIN auf den Weg.
Die Schäden, die der Hurrikan Maria hinterlassen hat, sind von der Seeseite weithin sichtbar. Die Grundfarbe Grün hat zu Braungrau gewechselt, an den Berghängen finden sich die Spuren von Erdrutschen, großflächig sind ganze Hänge kahl und unwirtlich geworden.
Wir werden freundlich von Laurence of Arabia, den wir schon vom letzten Besuch her kennen und als zuverlässig schätzen gelernt haben, empfangen und verabreden eine Rundfahrt über die Insel. Zunächst heißt es für mich aber einklarieren und den ganzen Papierkram erledigen.
Am Steg in Portsmouth liegt ein kleiner Frachter mit Ladegeschirr, der Wellblech und Holz entlädt. In Ufernähe ist ein riesiges UN-Zelt . Als ich hineinschaue, sehe ich Matratzen und US-AID Pakete auf Paletten gestapelt. Da das ursprüngliche Büro wohl zerstört ist, frage ich mich zum neuen durch. Die Beschreibung führt mich vor ein zweistöckiges Haus ohne Dach und offensichtlich unbewohnter 2. Etage. In einer kleinen Einzimmerwohnung sehe ich Stempel, Durchschlagpapier und die üblichen vielfarbigen Antragsformulare lose auf einem Tisch verteilt liegen.
Bevor ein Offizieller kommt, erzählt mir ein Mann, dass viele Länder beim Wiederaufbau helfen: die USA, Frankreich, Großbritannien, Venezuela, Kuba und China. Von den 70.000 Einwohnern der Insel sind 20.000 ins Ausland gegangen, verstärkt nach Antigua.
Der ‚Beamte‘ erscheint in Flipflops und Shorts mit Unterhemd und händigt mir die bekannten Papiere aus. Er gibt mir noch die Unterlagen einer französischen Yacht mit dem Hinweis, ich könne da ja auch abschreiben. Das Land hat andere Sorgen. Die Ausweise will er gar nicht erst sehen. Als ihm aber bei der Durchsicht auffällt, dass ich mich als Master/Skipper eingetragen habe, weiß ich, dass er doch aufpasst. Er schmunzelt.
Auch in anderer Hinsicht muss improvisiert werden. Behelfsbrücken, noch aus der Zeit vom Hurrikan ERIKA, Abbrüche an den Straßen, die mit enormen Betonverstärkungen repariert werden. Die Infrastruktur ist soweit, dass die abgelegene Schokoladenmanukaktur nach ungefähr 7 Monaten wieder Strom hat. Die Produktion steht still, auch weil es keine Kakaobohnen gibt und die Kokospalmen nicht mehr tragen, aber man will wieder produzieren. Stillstand auch in der Bierfabrik und der Palmolive- und Colgateherstellung. Die Universität, die so wie so nur ausländischen Studenten vorbehalten war ! , ist vorläufig geschlossen. Der Schulbetrieb läuft, auf den Pausenhöfen stehen große UNICEF- Zelte.
Wir fragen uns, wovon die Menschen leben, stellen in Gesprächen aber immer wieder fest, dass sie an einen Neubeginn glauben und die Gefährdung durch die Naturkatastrophen zu ihrem Leben dazugehört.
Während der Fahrt über Dominika sind wir deprimiert und stellen leider fest, dass es den Geberländern wohl wichtiger ist, dass man an den Aufschriften der vielen Plastikplanen sofort breitflächig erkennt, woher sie kommen. Viele Häuser und Hütten sind aufgegeben oder notdürftig nur mit blauen Planen bedeckt. Das Fort in der Rupertsbay im 17.Jhd aus massivem Stein gebaut und mit rotem Ziegelstein bedeckt, steht da wie ein stummer Zeitzeuge. Es hat keine Schäden davongetragen. Auch wenn die neue Straßenbeleuchtung Solar gestützt sein soll, will man es so recht nicht glauben, dass es leuchtet, bevor der nächste Hurrikan kommt.
Immerhin die neuen Kathedralen der Technik, die Handymasten, haben alles überstanden und so werden die Leute über Facebook genau informiert und wissen, in welche Schutzräume sie gehen können. MARIA hatte sich aber schon vorher durch massivste Regenfälle bei sehr geringen Winden unheilvoll angekündigt.
Wir haben für unsere Autofahrt bestimmt zu viel bezahlt, zumal unser Fahrer auch etwas wortkarg gewesen ist. Wie sollte er auch anders, wenn ‚ destroyed‘ das gängige Attibut ist.
Dominika ist sicher, und wir sollten unbedingt dort hinfahren, um die Menschen zu unterstützen.