Zugegeben, es gibt schlimmere Orte für die Quarantäne als auf seinem Boot in einer Ankerbucht vor Martinique zu liegen und auf bessere Zeiten zu warten.
Die Situation hier in der Karibik ist ähnlich wie in allen Destinationen der üblichen Langfahrtseglerrouten. Es geht nichts mehr. Praktisch alle Inseln und selbständigen Staaten sind dicht und lassen keine Boote mehr herein. Manche verbieten sogar das Auslaufen, andere fordern die nicht ansässigen Segler auf, die Ankerplätze zu verlassen.
Hier auf Martinique können Boote aus Staaten des Schengenraumes nach Voranmeldung noch einlaufen. Boote anderer Nationalitäten, die schon vor dem Lockdown da waren, werden geduldet und können bleiben.
Alle unterliegen wir hier den sehr strengen französischen Ausgangsbeschränkungen. Landgänge müssen angemeldet werden. Man muss ein entsprechendes Papier oder die elektronische Form davon bei sich haben. Bei Verstoß werden 135 Euro Bußgeld fällig. Die Landgänge dürfen nur zu bestimmten, klar festgelegten Notwendigkeiten (Einkauf, Arztbesuch etc.) erfolgen und sind auf eine Stunde begrenzt.
Schwimmen um das Boot in maximal 15 m Entfernung ist erlaubt, aber keine anderen wassersportlichen Aktivitäten, wie Kiten, Surfen, Paddeln, Schnorcheln oder Tauchen. Diese Vorschrift im Zusammenhang mit Ansteckungsgefahren erschließt sich nicht unmittelbar. Ihr Zweck liegt darin, den Einheimischen, die nicht an den Strand und zum Baden dürfen, die Einhaltung der Disziplin zu erleichtern, in dem man entsprechende Einschränkungen auch gegenüber den sowieso schon privilegierten Yachties durchsetzt. Die Gendarmerie fährt mit Booten regelmäßig Streife und überwacht die Einhaltung. Das Bewegen der Boote ist nur zum Wasser- und Dieseltanken erlaubt, dann muss man an seinen Ankerplatz zurückkehren. Ein mal pro Tag überfliegt uns ein Hubschrauber der Küstenwache und macht Bilder von den verschiedenen Ankerplätzen. Von 20.00 Uhr abends bis 5.00 morgens ist absolute Ausgangssperre. Soweit die Restriktionen.
Man richtet sich ein, strukturiert den Tag klar durch und wartet auf bessere Zeiten.
Los geht es gegen 7.00 morgens mit einem immer noch herrlichen Bad im klaren Wasser der Karibik bei ca. 26 Grad. Dann folgen ein Tee und die obligatorische Zeitungslektüre.
Die Versorgungslage ist gut und die örtlichen Einzelhändler und Restaurants bieten ihre besonderen Service- und Lieferleistungen an. Wenn man will, kann man sich ganze Menüs an Bord liefern lassen. So hatten wir zu Ostern Red Snapper in karibischer Soße direkt geliefert bekommen.
Die Fischer blasen morgens auf der Conch (vgl. Video), wenn es frischen Fisch gibt. Gegen 7.30 kommt ein junges Pärchen mit dem Dinghy vorbei und liefert frisches Baguette und Croissants ans Boot. So ist ein leichtes Frühstück gesichert. Am Nachmittag kommt der Lieferant der örtlichen Craftbierbrauerei. Nicht preisgünstig, aber lecker. Der Abend geht also auch klar.
Jeden Morgen machen wir eine halbe Stunde Gymnastik auf dem Vorschiff bevor die Sonne zu hoch steht. Montags, Mittwochs und Freitags gibt es eine Funkrunde der Segler in Eigenregie in englisch und französisch in der man die neuesten Informationen, Hinweise und Tipps erhält. Im Anschluss daran werden noch die entsprechenden Facebook-Runden aufgesucht, dann ist man für den Tag informiert.
Natürlich lesen wir auch ausgiebig Zeitung, aber die Lektüre ist ja nicht gerade aufbauend, so dass wir auch gerne anderer Lektüre zusprechen.
Der Rest des Vormittags geht mit Arbeiten am Boot drauf, es gibt immer etwas zu tun. Einmal in der Woche ist Großeinkauf in Le Marin. Dahin geht es mit dem Beiboot. Im Supermarkt ist die Anzahl der Kunden begrenzt, so dass man schon mal eine gute Stunde auf Einlaß warten kann. Natürlich tragen wir bei diesen Ausflügen Schutzmasken und Einmalhandschuhe.
So notwendig für andere der Baumarkt, so notwendig ist für die Segler der Schiffsausrüster, der hier zu den systemrelevanten Einzelhandelsgeschäften zählt und deshalb geöffnet hat. Klar darf man in den engen Laden nicht hinein, sondern man trägt dem maskenbewehrten Verkäufer sein Anliegen vor. Der verschwindet in den tiefen seines Sortiments und kommt, wenn man Glück hat, mit dem richtigen Teil. So kann an Bord weiter gewerkelt werden.
Ein kleiner Mittagsimbiss und der obligatorische Mittagsschlaf folgen. Dann wird kommuniziert, über das Internet Schach gespielt oder auch an einem Film oder Artikel gearbeitet. Gegen 15.00 gibt es Tee in der angenehmen und leichten Brise auf dem Vorschiff. Ab 17.00 wird dem sozialen Leben, soweit dies möglich ist gefrönt. Man besucht andere Segler oder wird besucht. Jeder bringt seine Getränke mit und der Besuch bleibt auf Distanz im Beiboot, man selbst bleibt an Bord. Auch werden die Verabredungen so getroffen, dass (meistens) nur ein Beiboot gleichzeitig zu Besuch ist.
Der Sonnenuntergang kommt früh, so ist mit dem Plausch gegen 18.30 Schluss. Nun wird die Hauptmahlzeit des Tages mit mehr oder weniger großem Aufwand zubereitet. Dann schließen sich Film, Fernsehn oder eine Musikkonserve – Oper oder Konzert an. Gegen 22.00 fallen wir dann ins Bett. – Wie gesagt, man kann es schlechter treffen.
Neben den schon geschilderten Restriktionen zeichnet sich aber ein für alle Segler gleiches Problem am Horizont ab. Die Hurrikansaison rückt unerbittlich näher. Offiziell beginnt sie am 1. Juni, so steht es in den Handbüchern und wir hoffen natürlich alle, dass die Hurrikans lesen können. Wie aber damit umgehen. Hier wird das Warten dann zum Nervenspiel. Nach und nach bilden sich verschiedene Lösungen heraus, denen sich die Mitsegler zuordnen.
Die Anker- und Bojenlieger lassen es darauf ankommen und machen erst mal nichts.
Diejenigen, die einen Platz hier in Martinique an Land gebucht haben, warten auf den Krantermin.
Die Südsegeler, die aus dem Hurrikangebiet heraus nach Süden wollen, warten darauf, dass Grenada und Trinidad/Tobago die Häfen wieder öffnen.
Die Heimsegler wollen in ein oder maximal zwei Steps, mit erhofftem Proviantstopp auf den Azoren, über den Nordatlantik segeln und schließen sich zu mehr oder weniger ergiebigen Diskussionsgruppen auf whatsapp zusammen und warten auf das richtige Wetterfenster.
Die Europatransporter, zu denen auch wir nach langer Überlegung und Diskussion zählen, denn wir hatten schon einen Platz auf dem Trockenen fest gebucht, warten auf das Cargoschiff, das die Yacht an Bord nimmt und hoffen, dass auch weiterhin noch Flüge nach Europa gehen.
Unser Transporter soll am 3. Mai kommen. Schauen wir mal, wie es dann weiter geht.