„À se soir“, ruft das französische Schulkind, als es sich verabschiedet, deutlich besser strukturiert als wir, die einen Tag zu früh aus der Wohnung ausziehen.
Was nun beginnt, macht einfach Spaß. Wir schreiben eine unendliche Liste und machen uns auf die Jagd nach Küchenutensilien, schönen Kissen, vielen Kissen. Die Yachtausrüster verwickeln uns bereits in kleine Gespräche, das Türaufhalten ist ja auch nicht mehr üblich. Selbst Jörg, der Finanzminister, gibt zu bedenken, dass er den Überblick verliere. Die grundsätzliche Entscheidung, hier auf Martinique sich Know-how und technisches Gerät einzukaufen, verhindert hoffentlich spätere Pannen und ist auch altersangemessen. Die Geschmeidigkeit entwickelt sich, trotzdem hatte ich doch etwas Angst, als ich heute Jörg in den 18m hohen Mast gezogen habe. Das heißt: Doppelte Sicherung, jeder Handgriff ist überlegt und abgesprochen, absolute Konzentration ist angesagt.
Wir kommen hier an. Das Schiff heißt fortan : Courante, geb. 19.11.2016. Die Geschichte ist schnell erzählt.
In den 80ziger Jahren sitzen wir in einem Konzert und lauschen der Barockmusik. Tage vorher hatten wir ein holländisches Stahlschiff gekauft. Beide sind wir nun mit der Namensgebung befasst. Beinahe auch etwas gelangweilt schaue ich mir die Lieder genauer an. Am Ende sehen wir uns an und finden, Gigue ist doch was. Klein, aber mein hat uns dies Schiff sicher bis in die schwedischen Schären begleitet und wären wir durch Opernmusik nicht abgelenkt gewesen, hätten wir auch bemerkt, wie die Route wechselt und der rotschwarze Spinnaker hätte uns nicht derart auf die Seite gezogen, dass wir dann echten Stress hatten. Er sah in den Anarchofarben immer gut aus. Als wir dann Jahre später neue Pläne haben, mit unserem damals kleinen Sohn 1 Jahr im Mittelmehr zu segeln, war die Dame deutlich zu klein geworden. An der kleinen Sandkiste sitzend meinte dann Torga.“ Es gibt ja noch weitere Tänze in der Barockmusik. Die Sarabande, den Almonde und die Courante.“ Mit der SARABANDE hatten wir ein Familienschiff. Als ich 1980 nach dem ersten Examen zur Sommerfrische auf Formentera war und bei Jörgs Cousin Volker wohnte, mochte ich schon diesen anderen Duft der Erde und die Tatsache, dass ich auch nachts noch mit T-Shirt oder Kleid Moped fahren konnte.Natürlich ohne Helm, bei mangelnder Straßenbeleuchtung. Passiert ist nichts. Sehnsuchtsort gefunden.
Hier mal zu leben, vielleicht mit einem Kind war die zukunftsweisende Idee.
Südfrankreich, Barcelona, Balearen, spanisches Festland, Aqua Duce, Gibraltar, Seviella und wieder zurück nach Bonaire in der Bucht von Pollenca. Mit dem Blick auf das Feuer in unserem dänischen Kaminofen stellten wir immer wieder fest: „Das war unser stärkstes Jahr“. Auch schon deshalb, weil wir noch Jahre später sagen konnten, wo wir wann gewesen waren, wen wir getroffen haben. Eben nicht so austauschbar. Was weiß und fühle ich heute vom November Blaah, außer feuchtkalten Händen und auch der Reitermantel schützt nun auch wieder nicht so schön vor dem Regen. Was lässt man nicht alles über sich ergehen, wenn man muss. Heute bin ich froh, dass ich nicht mehr so ferngesteuert bin.
Formentera bleibt auch bei den Sommertörns immer Ziel- und Wendepunkt. Ein Video, das ich nie gemacht habe: In den hohen Platanen am Hafen von La Sabina sammeln sich hunderte, tausende? europäische Singvögel, lärmen, bis einer das Kommando gibt, neue Flugformationen auszuprobieren. Immer wieder sich auflösende Kegel, Romben, Parallelogramme. Oder ein Einzelner wird zum Anführer. Oder alle in den Baum oder alle raus. Auf den Punkt genau sind alle Vögel weiter nach Süden gezogen. Auch zur Ästhetik der Natur: Der kleine schwarze Vogel, der sich beim Anflug auf unseren Balkon verletzt hatte, war am nächsten Morgen weggeflogen.