Catch me, if you can

An einem Freitag machten wir einen Tag Segelpause auf der wunderschönen Insel Canouan. Die vorherigen Tage hangelten wir uns jeden Tag von der einen zur nächsten karibischen Insel. Dieser Tag Pause war etwas Besonderes und wir beschlossen diesen gut zu nutzen.

Wir wollten einen Landgang machen und möglichst viel sehen. Schon vom Boot aus sahen wir den ehemaligen Vulkan der Insel, dessen Spitze den höchsten Punkt der Insel darstellt. Schnell war klar, dass wir unbedingt auf diese Spitze, „The Peak“ genannt, hinauf müssen. „Kein Problem für uns“, dachten wir. 

Wir spazierten am Morgen los, es war etwa 27 Grad warm und die Sonne schien herrlich! Wir fragten im Ort nach, wie man am besten „The Peak“ besteigen könne. Man sagte uns, dass der komplette Norden der Insel Privatgrund sei und durch ein Luxusresort genutzt würde. Leider befand sich „The Peak“ auf eben diesem Teil. Wir dachten, dass wir da schon irgendwie reinkommen und stiefelten los. Auf dem Weg dorthin fragte uns ein Einheimischer, wo wir denn hin wollten. Wir berichteten von unserem Plan und er lachte. Wir hätten keine Chance auf den Nordteil zu kommen. Man könne keinen Fuß auf diesen Teil setzen, wenn man nicht eine Villa dort besitzen würde.

Enttäuscht trotten wir weiter die Straße entlang. So recht hatten wir die Hoffnung nicht aufgegeben, aber dran glauben konnten wir auch nicht mehr. 

Sehr verdutzt schauten wir, als plötzlich ein Geländewagen neben uns hielt und eine hübsche, etwa 35 Jahre alte Frau namens Julia uns fragte, „Do you need a ride?“. Wir berichteten kurz von unserem Plan der Wanderung und sie sagte „get in, I will bring you there“. Schon saßen wir bei ihr im Auto und düsten am Security Checkpoint vorbei. Wir konnten unser Glück nicht fassen. Sie arbeitet für einen Milliardär, der sein Schiff, seinen Privatjet und seinem Haus den gleichen Namen gibt. – Seltsam eigentlich. Julia erzählte viel und gab uns gute Tipps. Falls uns irgendjemand kontrolliert, sollten wir einfach die Villennummer sagen und dass wir Gäste Ihres Chefs seien. „Witzig“, haben wir uns gedacht, – jetzt gehören wir zur Familie. Julia fuhr uns direkt zum Wanderweg und wünschte uns viel Durchhaltevermögen. Immerhin waren es mittlerweile über 30 Grad und die Sonne quetschte jeden Tropfen Flüssigkeit aus uns heraus. Schlangen, Schildkröten und recht eigenartige Krebse begleiteten uns auf dem Weg zur Spitze. Oben angekommen konnten wir es kaum fassen – ein gigantischer Ausblick auf Conouan, der alle Anstrengungen das Aufstiegs komplett belohnte. Im Abstieg wurde es dann fast noch anstrengender. Das Wasser wurde knapp und die Verpflegung war mittlerweile auch vollständig aufgezehrt. Wie geschlagene Hunde schlichen wir die Straße hinunter. Irgendwie surreal, überall standen prachtvolle Villen auf riesigen Grundstücken, die Straßen waren mit englischen, schmuckvollen Straßenlaternen versehen, aber keine Mensch war weit und breit zu sehen. Die Landschaft wirkte unglaublich gepflegt und aufgeräumt, was in der Karibik alles andere als üblich war. Als wir weiterliefen, kam uns ab und an ein Golfcaddy entgegen, man grüßte uns im Vorbeifahren.

Wenig später standen wir vor einem Golfplatz. Der Anblick war gigantisch! Ganz feiner, sehr grüner Rasen, Wege aus Naturstein, die sich durch den Golfplatz schlängelten und alles aufgeräumt und sauber wie der Garten des Buckingham Palace.

Wir fühlten uns wie in einer Reportage über Milliadäre. Julia sagte uns, dass noch an diesem Tag Michael Douglas und Kathrin Ceta Jones hier gespielt hätten bzw. spielen würden. Wir kamen uns vor wie Falschgeld in unseren dreckigen und verschwitzten Klamotten nach der Wanderung, dennoch genossen wir die Situation. Auf dem gesamten Platz begegneten wir keinem einzigen Bewohner oder Gast, es kamen uns aber unzählige Bedienstete entgegen, die uns alle sehr freundlich grüßten. Da es aus unserer Sicht offensichtlich war, dass wir hier nicht hergehörten, sprachen wir uns kurz ab, falls uns jemand fragen würde. Wir beschlossen das zu tun, was uns Julia sagte. Wir würden einfach die Villennummer sowie deren Namen sagen und dass wir Gäste seien. Wir wurden selbstbewusster und entwickelten eine Selbstverständlichkeit für die Situation. Natürlich waren wir Gäste und wir durften hier sein.

Völlig erschöpft kamen wir an einem wunderschönen Privatstrand an. Der Strand sehr aufgeräumt, schöne Pavillons aus Palmendächern und viel Spielzeug, wie Motorbote, Wasserski, etc. waren zu sehen, aber wieder kein einziger Mensch. Björn ging kurz ins Wasser, um sich zu erfrischen, Nils setzte sich in den Schatten und machte sofort die Augen zu. Wir waren wirklich komplett erschöpft und hatten keinen Tropfen Wasser mehr.

Nach einer etwas längeren Pause gingen wir weiter. Von der Spitze aus hatten wir an der Küste ein größeres Gebäude gesehen, das wie ein Strandhotel samt Bar aussah. Wir erhofften uns hier einen Drink zu bekommen.

Ein wenig Orientierungslos schlurften wir weiter. Recht verdutzt hielt ein Angestellter des Hotels neben uns, er wunderte sich aus welchem Grund wir zu Fuß gingen – Kein Mensch ist dort nur einen Meter zu Fuß gegangen. Wir quatschten kurz miteinander und er bat an, uns mitzunehmen. Im Gespräch allerdings fiel ihm auf, dass wir nicht wie die typischen Gäste aussahen. Er wurde misstrauischer und wir hatten Angst, dass er den Braten riecht. Ganz höflich bat er uns in den Golden Käfig mitzukommen. 

Wir kamen in ein unglaubliches Hotel, konnten es nicht glauben – jedoch kamen wir mit der Aussage unserer Villennummer nicht mehr weiter. Er erbat einen Security Check. Er konnte jedoch Julia nicht erreichen. Nun musterte er uns und war hin und her gerissen. Vielleicht gehören sie dazu, viellicht haben sie sich nur eingeschlichen. Wir haben uns deutsch beraten und dachten „Alles oder nichts“. Wir überlegten so entspannt wie möglich zu wirken und lachten viel, weil uns nichts Besseres einfieel. – Wir wirkten so entspannt auf ihn, dass er sich entschloss uns als Gäste des Hauses zu akzeptieren und führte uns durch eine Tür.

Wir bekamen die komplette Führung durch das gesamte Ensemble. Wie Staatsgäste wurden uns die Türen aufgehalten, das gesamte Personal grüßte uns.

Der freundliche Mann führte uns zur Beach Bar, in der wir die einzigen Gäste waren. Alleine waren wir jedoch nicht, da unzählige Bedienstete um uns herumschlichen.

Er erklärte dem Personal, wer wir sind. Wir bestellten uns zwei frische Drinks und genossen diesen unglaublichen Augenblick. Wir waren so glücklich, einfach im Schatten zu sitzen und einen kühlen Drink zu genießen, sodass wir kurzzeitig völlig verdrängte, welches abgekaterte Spiel wir mit unseren verschwitzten Klamotten spielten. Der Drink brachte uns wieder einigermaßen auf Touren. Wir bestellten noch zwei Cappuccini und genossen den Blick aufs Meer.

Nach einiger Zeit der Entspannung realisierten wir unseren körperlichen Zustand. Langsam wurde uns unser Aussehen und der Geruch unangenehm also gingen wir die wenigen Stufen runter zum Strand, um zu baden. Sofort wurden für uns zwei Liegen bezogen, frische Handtücher bereitgelegt und für jeden ein kühles Wasser auf den Beistelltisch gestellt. Wir fühlten uns wie Könige.

 

 

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