Blue Spanish Eyes

Der 10. Februar sollte eine länger anhaltende Bedeutung haben. In St. Thomas, im Hafen von Charlotte Amalie, dem Hauptort, wollen wir ankern. Das Manöver läuft auch zunächst glatt. Ich öffne den Kettenkasten, um zu schauen, wieviel Restkette noch verblieben ist. Den lasse ich dann gleich mal offen, denke ich mir, als ein Windstoß kommt und das Schiff so mächtig an der Kette zerrt, dass ich durch den plötzlichen Ruck mit dem Rücken gegen den Deckelrand des Kastens und die Druckfeder, die den Deckel offen hält, geschleudert werde.

So schnell ich kann, winde ich mich aus dem Kasten wieder heraus und kann kaum atmen. Vor Schreck ist mir ganz schlecht, und ich brauche eine Weile, um den Kreislauf zu beruhigen. Während Jörg den Hanepot einsetzt, kann ich die Fernbedienung der Ankerwinsch nur im Liegen bedienen.

Nach dem old school Prinzip mache ich einen Funktionstest, der mich beruhigt und so kann ich auch Jörg überzeugen, dass nichts Ernstes passiert ist. Mit Schmerztabletten, Wärmeplaster und Unmengen an Pferdesalbe geht es besser. Yoga und Dehnungsübungen helfen in den ersten Tagen erheblich. Ich freue mich über jeden kleinen Fortschritt. Jörg sorgt für Ablenkung und baut mich wieder auf. Richtig blue ist die Stelle am Rücken nicht, aber sehr nachhaltig spürbar.

Am Valentinstag gehen wir mit Carol und Gary, die wir hier wieder treffen, in St. Thomas/ Frenchtown essen und sind richtig ausgelassen. Ich freue mich, dass die Übergänge ins Beiboot klappen und wir in den Altstadtgassen von Charlotte Amelie Jazzmusik hören. Dort fällt mir an einer Toilettentür der kulturelle Wandel zum ersten Mal auf. Spanisch wird die zweite Sprache.

Nach einer Woche Erholung von dem Sturz brechen wir zu den Spanisch Virgin Islands auf. Zunächst gehen wir nach Culebra, einer kleinen, abseits liegenden Insel, die zu Puerto Rico gehört. Hier lernen wir Gerald mit seiner TANOA kennen. Wir erkunden gemeinsam mit einem Golfcar die Insel. In der Flamingo Bay, die mal zu den 10 schönsten Stränden der Welt gehörte, gehe ich zum ersten Mal wieder richtig schwimmen. Welch ein Genuss! Das Wasser ist klar und spielt mit seinen Farbvarianten in Blau. Buntbemalte Panzer am Strand sind die Überbleibsel einer amerikanischen Wehrübung, stören aber nicht wirklich.

Am Steg begegnen wir Silvia und Jürgen von der SINA. Als Gerald nach Puerto Rico segelt, um seine Frau abzuholen, brechen wir vier auf zu einer einsamen Bucht an der vorgelagerten Insel Culebrita.

Beim Ankern verlieren die beiden ihren Anker, weil der Bolzen sich gelöst hat. Die Aufregung ist natürlich groß. Zunächst können die beiden aber an einer Boje festmachen. Der Ehrgeiz ist schnell entfacht: Wiederfinden ist angesagt. Zum Glück hat Silvia die Koordinaten, wo der Anker wohl liegen könnte. Das Suchgebiet ist damit begrenzter. Jürgen findet ihn schließlich, weil er am Boden im Sand die Spur der Kette entdeckt. Die Männer montieren an ihm ein Seil mit Fender und können ihn bergen.

Am nächsten Tag lässt sich sogar der passende Bolzen wiederfinden, was keiner von uns für möglich gehalten hat. Schließlich handelt es sich um ein nur 5 bis 6 cm langes Metallstück. Glück gehabt. Das Schnorcheln im klaren Wasser macht Spaß. Ich kann mich wieder locker bewegen, nur das Abtauchen will nicht gelingen. Die Fächerkorallen sind auch von oben schön.

Wir laden uns gegenseitig zum Essen ein und haben uns viel zu erzählen. Als wir eine Inselerkundung machen, weiß auch Jürgen nicht, ob der Song “ Blue Spanish Eyes“ heißt oder nicht. Ich wähle ihn aus, weil die letzte Zeit auch so gegensätzlich gewesen ist.

Die beiden brechen auf Richtung Puerto Rico, und wir wollen uns noch die andere spanische Insel, Vierques, anschauen. „… This is just adios and not good- bye.“

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