Femal Captain

Das Office in Bequia erinnert mich sofort an Schulzeiten. Eine Gruppe von 14 Leuten ist dabei, Geschäftigkeit vorzutäuschen. Da sind die großen Jungs in Uniform, die sich im Hintergrund drücken, nicht gesehen werden wollen, weil sie bestimmt nicht arbeiten. Ihre Körpersprache verrät auch, dass sie es sich leisten können, nicht irgendwie arbeitend zu wirken. Weshalb sie sich ab und zu etwas recken. Die Uniform soll ja auch wirken.

Im mittleren Bereich sitzen überwiegend Frauen, die einen Bildschirm vor sich haben, neben sich sich stapelnde Papiere gleicher Farbe, die weggearbeitet werden wollen, aber nicht werden. Stattdessen schauen sie durch mich durch und denken vielleicht an neue Schuhe. Oder sie unterhalten sich wortreich und laut in Patoi, einerMischung aus Englisch und Französisch, wovon Außenstehende nichts verstehen.

Nicht ganz vorne ist eine Frau offensichtlich damit beauftragt, alle Angaben, die sie in Papierform erhält, in ein großes Buch zu übertragen. Statt zum Lineal zu greifen und in ihrer vermutlich schönen Schrift abzuschreiben, spielt sie auf ihrem Handy herum. Sie hat ja auch Zeit, seit einer halben Stunde schon bin ich die einzige Kundin.

Vorne am Tresen schiebe ich meinen Stapel durch und werde sehr freundlich begrüßt. In vierfachem Blaupapier liegen die Zollpapiere vor. Keine Waffen, kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen und keine Haustiere befinden sich an Bord. Hätte ich Waffen müsste ich genaue Angaben machen und auch die Munition würde gezählt werden. Beides wäre bei der Polizei für die Dauer des Aufenthaltes abzugeben und wieder abzuholen.

Mein Interesse gilt aber dem Immigration – Officer, der bei weitem der attraktivste im Raum ist, und die Hohheit über die Stempel hat. Ich denke gerade, ob er vielleicht gerne eine anspruchsvollere Aufgabe hätte oder im Leben mal nach Australien fahren würde, als er mich fragt: “ You are the Captain?“, was aber nicht als Zweifel an meiner Position gedacht ist. “ I like to have more and more femal Captains. Welcome back to Bequia.“

Als Captain kann ich für die Crew unterschreiben und bei gehisster Gelber Flagge ( internationales Zeichen dafür, dass ein Schiff und die Besatzung in einem fremden Land noch nicht einklariert ist) schon mal an Land und ein Eis essen. In Wirklichkeit haben die meisten Männer keine Lust auf den Papierkram. Womit wir wieder bei denen sind, die in einer Klasse immer gerne hinten sitzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert