Auf dem Weg nach Norden schwärmen Silvie und Uelli immer wieder von den Wasserfällen im Süden der Insel Dominica.
Wir können in Roseau, der Hauptstadt, an einer Boje festmachen und finden über Marcus, den Bootboy, auch einen geeigneten Fahrer für unser Vorhaben am kommenden Tag. Nach kurzer Zeit erreichen wir den bescheiden ausgeschilderten Zugang zu den ‚Middleham Falls‘. Unser Fahrer kommt mit.
Was dann beginnt, ist ein Anstieg der ‚grenzwärtig‘ ist, wie Jörg meint oder ‚ doch sehr sportlich‘ wie Uelli ihn einschätzt. 45 Minuten steigen wir, zum Glück im Schatten, durchgehend eine mit Holzbohlen gebaute Treppen hinauf und in Teilen auch wieder hinunter! Hinter mir kommt ein junger Mann auf, der, wie sich herausstellt aus dem Sudan kommt, und hier eben mal baden möchte. Durch das Gespräch mit ihm bin ich angenehm abgelenkt, fange aber trotzdem an, den Aufstieg zu hassen.
Oben angekommen stellen wir fest, dass wir die notwendigen Badeschuhe(!) vergessen haben. So ist nun Vorsicht angesagt, wenn man über feuchte, glitschige Steine klettern muss. Entschädigt werden wir durch ein super kaltes Bad und der Begegnung mit der wahren Größe eines Wasserfalls. Wir können darunter her schwimmen und merken, wie er uns den Atem nimmt. Im Blick vom Wasser aus nach oben ist er riesig wie ein Hochhaus, das zusammenfällt.
Nach uns kommen noch vereinzelt Leute, die auch die Strapaze auf sich genommen haben, oben an. Der 45 -minütige Rückweg ist nicht minder anstrengend. Etwas erstaunt bin ich allerdings, als mein Blick von den leidigen Holzbohlen auf einen entgegenkommenden Jungen fällt, der mit einem Laptop?! unter dem Arm bergauf kommt.
Die Situation bei dem ‚Ti Tou Gorge Falls‘ ist ganz anders: Dieser Wasserfall wär bestimmt auch beeindruckend, wenn man alleine wäre. Man schwimmt durch einen Canyon, kann auch wie Uelli von einem 5m hohen Felsen direkt hineinspringen und kommt nach 150m in einer Höhle an, von der aus man den Wasserfall herunterdonnern sieht.
Leider ist es aber so, dass scharenweise Leute mit Bussen kommen, die in Schwimmwesten gezwängt oder mit unansehnlichen gelben Schwimmhilfen versehen zum Stau führen. Körperlich muss man diese Nähe schon wollen.
Beim ‚Trafalgar Fall ‚ heißt der große intern ‚Papa Fall‘ und der kleinere ‚Mama Fall‘. Hier lohnt es sich bestimmt auch, die Mühe auf sich zu nehmen und einen Pfad durch die Steine zu finden, um direkt hinauf zu kommen. Wir verzichten, weil wir genug Verausgabung gehabt haben und die richtigen Schuhe fehlen.
Eigentlich haben wir für den Tag genug erlebt, als uns am Anleger großes Geschrei erwartet. Zwischen den Fischern, die sich in dem schmalen Durchgang aufhalten, ist ein Streit entbrannt. Marcus, der Bootboy, geleitet uns schnell durch die Menge auf den Steg, wo wir die Situation verfolgen. Weil ich kein Wort verstehe, -sie schreien sich auf Patois an- , konzentriere ich mich auf das, was ich sehe: Zwei Fischer streiten offensichtlich darum, ob das Boot des einen am Steg liegen darf. Sie schreien, laufen vor und zurück, die anderen schauen bewußt nicht hin und tun so, als würden sie kiffen oder Domino spielen. Als der eine ein Messer zieht, hat der andere eine Machete in der Hand. Ich schaue in die Augen eines 13jährigen, der sich aus der Szene verdrückt und mir per Handzeichen zu verstehen gibt, wo der beste Fluchtweg ist. Er wirkt eigentlich ganz ruhig. Der mit der Machete geht zum Glück nicht auf den anderen zu, sondern donnert mehrmals mit dem Ding gegen eine Wand, bis wohl seine Wut verraucht und der andere abgezogen ist.
Wir sprechen noch lange über den Vorfall. Richtig gefährdet haben wir uns nicht gefühlt, aber man steht vielleicht auch mal einfach blöd im Wege. Am nächsten Tag hat der Streithahn sein Boot umgeparkt.